Freitag, 20. Juni 2008

M4-Übungsaufgabe IX: Google vs. Datenbanken

Google hat mir bereits blitzschnell die Angabe der Quellenedition der Politischen Anmerkungen bereitgestellt, nachdem mich eine Fußnote in Ordnung der Häuser, Beschreibung der Seelen von ihrer Existenz informierte. Ebenso Rezensionen zur Edition sowie via Volltextsuche via - guess who - google-books ein Aufsatz des zweiten Herausgebers besagter Edition stechen ins Auge. (Michael Hochedlinger, Rekrutierung - Militarisierung - Modernisierung. Militär und ländliche Gesellschaft in der Habsburgermonarchie im Zeitalter des Aufgeklärten Absolutismus; In: Stefan Kroll/Kersten Krüger (Hrsg.), Militär und ländliche gesellschaft in der frühen Neuzeit [2000]). Man merkt bereits, wie eng exklusivere Begriffe mit den Namen der WissenschaftlerInnen verknüpft sind. So kann ich also einige Volltreffer verbuchen, von denen ausgehend (Anmerkungen, Fußnoten) weiter gesucht werden kann. Mit "Volkszählung+Habsburger" finden sich noch Treffer in sehr breiten Kontexten, die noch genauer einzusehen wären, wohl aber bruchstückhaft bleiben werden. Ansonsten fransen die Google-Ergebnisse ins Unbrauchbare aus.
In den Datenbanken lauert dafür die geballte Masse an Geschichtswissenschaftsgeschichte. So finden sich zu Schlagworten zum Thema "Volkszählung" und "Hofkriegsrat" vermehrt klassische sozialhistorische Werke, die einer historischen Perspektive der Bevölkerungswissenschaft folgen, Einteilungen z.B. entlang einer Ständeordnung übernehmen und die Politischen Anmerkungen eher nur als Quelle beim Wort nennen. Sie werfen die Frage auf, ob hier vom Blick der Herrschenden abstrahiert wird, und in wie weit Bevölkerung als historisches Phänomen überhaupt zugänglich ist, ohne sich auf den Blick der damals Herrschenden zu verlassen, die ihre Untertanen nach ihren Maßgaben konstruierten. Sitzen die SozialhistorikerInnen bloß an jenem Ende des Bandes, welches die Seelenkonsprition (Demographie) zwischen Untertanen und Souverän knüpft, und welches nunmehr den Habsburgern aus den entmachteten Händen geglitten ist, oder entwickeln sie eine modernere (?) Perspektive, um die vergangenen Bevölkerungen zu beherrschen? Geht das überhaupt? In einer der Rezensionen heißt es, diese Quelle verzeichne "die Stimme des kleinen Mannes". Dies macht auch klar, dass der "kleine Mann" nie ohne seinen Herrn existiert.

M4 - Übungsaufgabe VII - Bibliothek der Zukunft




Der derzeitige Stand der Dinge zur Novellierung des Universitätsgesetztes inspiriert eher dazu, an dieser Stelle Dystopien zu entwerfen. Diesbezüglich ist es wohl lohnender, die Universität als Ausschlußregime zu denken. Die Damen und Herren in den Minister- und sonstigen Staatsdienerrängen haben längst wieder damit begonnen und sind in verschworen vampirischer Art und Weise übereinkünftig, uns nicht die gleichen üppigen Bildungsstandards zu gönnen wie sie ihnen seinerzeit gegönnt worden sind. Die fetten Jahre seien vorbei, rülpst's gurgelnd überfressen aus der Loge.
Die "Bologna"-genannte Pauperisierung unserer Studienpläne unter dem Diktum neoliberaler Bildungsentpolitik, getragen von willfähriger Exekution mono-aristo-kratischer Eliten und ihrer VasallInnen, ist nur ein weiteres Instrument, als unökonomisch verkanntes Bildungsbegehren zu unterdrücken und - wenn schon, denn schon - möglichst kostengünstig gewähren zu lassen; die Studimassen brauchen nicht mehr zu wissen als ein Bachelor, als ein Junggeselle: sich ein bißchen mit sinnlosen Überblicksprüfungen quälen, um den Status zu rechtfertigen, und dafür ausdauernd konsumieren auf der Party, die Werbe- und Eventindustrie für ihn gibt. Jenes bunte Gesäusel wird sogar noch von Ösilands PolitikerdarstellerInnen übertroffen: Zu Studiengebühren, die eigentlich "Beitrag" heißen sollten, gesellen sich nun wieder neue Zugangsbeschränkungen, die "qualitativ" heißen wollen. Quoten werden hochgehalten, wo die Mitbestimmung ohnehin längst abgeschafft worden ist. Die einzige Scheiße, die größer ist, als jene, die uns passiert, ist die, mit der sie uns erklärt wird.
Hoppla. Also an der Bibliothek der Zukunft werden sich wohl weniger Studierende tummeln, man muss sie also nicht mehr ausbauen und erweitern, stattdessen der Volkswirtschaft z.B. hochpotente Waffensysteme reindrücken oder Spitzen- oder Spekulationssteuern ersparen. (Es gibt viel Schönes, was man um das uns fehlende Geld kaufen kann.) Der Bestand der Bibliothek könnte sich effizient an den Standardwerken, aus denen die LV-Skripten abgeschrieben sind, orientieren. Gar Exotisches können sich die nerdigen unter den braven Studis spätestens seit der letzten großwürfigen Stipendienerhöhung um ein paar müde Euro bei Subito bestellen.
Nachdem also die Studiplage endlich von den Universitäten verbannt ist, kann sich die Spitzenforschung ihrer Spitzheit widmen. Die wenigen Wege, an denen noch Studis durchgeführt werden, erkennt man daran, dass sie von spritzig-flippigen Werbeplakaten gesäumt sind. Zu finden sicher auch an zu Skriptenausgaben umgebauten Bibliothekseingangsbereichen, die sozusagen den final frontier für die wenigen qualitativen Studis markieren. Hinter der glänzenden Fassade, wo mit einem 1A-Service-Grinsen das abgepackte Wissen überreicht wird, rumort die wissenschaftliche Klasse beim Ordnen und Verwalten ihrer kostbaren Objekte. Im Turm, wo der Odem der Exzellenz weht.
Wir wenden uns also ab von dieser ehemals ehrwürdigen Stätte und sind verstört von der sogenannten Intelligenz, wie sie mit der Macht kopuliert und fortan im Inzest ihrer eigenen Brillianz degeneriert. Wir kehren vor dem abgeschlachteten Kadaver der alten Massenmastuniversitätssau, vor den rauchenden Ruinen des finalen Kapitaltreffers und finden uns wieder in jener Welt, in der jene Kanonen regieren.
Hier sehen wir seit langem, dass Technologie mächtiger ist, als jene, die sie entwickeln und umso mehr als jene, die glauben, sie zu benutzen; und vor allem, was sie tut: technisieren. Durch die Vernunft und die Praktikabilität, die ihr innewohnt. Seitdem sich weltweite Datennetzwerke aufbauen, seitdem die Scan- und Speichertechnologie im Stande wäre, zu tun, was doch so nahe liegt, wird ein Widerspruch zwischen Demokratie/tralala Wissengesellschaft und der Zugänglichkeit von Wissen immer sichtbarer. Im Herz des Kommerz, im Internetportal eines Großkonzerns ist zu sehen, was möglich ist. Ich klicke auf Google-Books und frage mich, was den Aufwand, einen gefinkelten und flexiblen Code einzubauen, welcher bereits gescannte Seiten wieder verbirgt, wert gewesen sein muss. Urheberrecht. Der Autor will bezahlt sein, der Weg des Wissens bis zu mir auch, Wegelagerer eingeschlossen.
In der Frage dieses Widerspruchs, der mich von der Bibliothek meiner Träume trennt, wird wohl auch in Zukunft mit Lizenzen und Eigentum herumgewirtschaftelt, zur Rettung eines Wirtschaftszweigs, dessen Produktivkräfte an neuen technischen Möglichkeiten schrumpfen, vor schmerzvoller Obsoleszenz.
Ansonsten würd ich mal auf eine fortschreitende Digitalisierung der Bestände tippen. In wie weit die BenützerInnen in der Bibliothek der Zukunft überhaupt noch mit Büchern und Papier in Kontakt kommen, und ob noch andere Gründe außer nostalgische für den Erhalt selbigen Kontakts aufkommen, wäre durchaus spannend zu wissen. Dies wird wohl von der jeweiligen Exzellenz der Effizenz o.u. abhängen. Hoffentlich ist das dann wer anderes.

„I'm so bored with it all.“
(letzte Worte, Winston Churchill)

Donnerstag, 19. Juni 2008

M4 - Übungsaufgabe VI: Weitere Datenbanken

Nachdem mir die Augen übergingen als ich mit dem englischen Schlagwort "census" in Historical Abstracts über 3000 Treffer erzielte, und gleich der erste (brandneue) Eintrag sich netterweise mit der Hausnummerierung in Japan auseinandersetzte, brauchte ich die Schlagwörter bloß noch auf "census austria" zu präzisieren, um mehrere brauchbare Artikel zu finden.

Der ausgewählte Artikel ist zwar alt (1979), dennoch verspricht er zumindest vom Titel her, das Mehr an untertäniger Artikulation, welches die Untertanen ihren obrigkeitlichen Seelenschreibern zu Teil werden haben lassen, zu behandeln.

Manfred STRAKA, Die soziale und wirtschaftliche Lage der steirischen Bevölkerung im Spiegel der Seelenzählung von 1770, In: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark (1979), Bd. 70; S. 5-19


Dieser Band der Zeitschrift dürfte noch nicht digital erfasst sein, ich konnte bloß jene Bände, welche ab 1992 erschienen sind, im ÖBV finden.